Warum Maler malen, und wie sie ihre Motive finden, beides häufig gestellte Fragen. Heinzen ist ein Hochbegabter, der vieles machen könnte, und auch noch dessen Gegenteil, der auch Professor werden könnte, aber dann würde er vielleicht ein Anderer. In der öffentlichen Schule schmerzlicherweise gescheitert, wurde er in der Privatschule gerettet, wo sie nur zu Dritt waren, und legte schliesslich eine eidgenössische Matur ab. Wie es ihm von seiner Herkunft gegeben ist, wendet er sich zunächst der Musik zu und besucht die grösste Jazzschule der Schweiz an der Hochschule Luzern, wo er sich als hard ware hacker mit konkreter und neuer Musik beschäftigte, mit Videoinstallationen, neuen Medien. Neben dieser Modekunst hat er schon früh auch gemalt. An der Zürcher Hochschule der Künste trat er ein als Musiker, masterisiert wurde er als Kunstmaler.
Heinzen findet die äussere Welt so bizarr, dass er nicht auch noch Bilder erfinden muss. Die ubiquitäre Verfügbarkeit der Fotografie im Internet genügt. Das Malen selber ist wichtiger, es ist eine Art von Denken, exakter vielleicht noch des vorsprachlichen Denkens vor dem Denken, des unbewussten Denkens. Heinzen ist Synästhet, in Anlehnung an Stendhal könnte man ihn auch Egotist nennen. Er überträgt in Malerei was er auf der Fotografie sieht. Das fotografische Bild könnte man vielleicht auch als Partitur bezeichnen, welche der Künstler darauf mit seiner Virtuosität in ein Original verwandelt. Die Nähe dieses Prozesses zur Musik ist offensichtlich. "Man muss den Begriff der Originalität thematisieren, im Wechselspiel mit der digitalen und der virtuellen Welt und im Bewusstsein aller möglichen Erscheinungsformen" (Peter Fischer, ehemaliger Direktor des Zentrums Paul Klee, im Interview mit Brigitta Niederhauser, <Bund> 4.2.2016). In mehrschichtiger flämischer Maltechnik malt er das Bild sieben Mal, in Renaissancemanier, befasst sich lange Zeit mit einem Bild, das er in Sekunden aus dem Internet heruntergeladen hat, denkt es immer wieder durch. Während des Malens hört er Vorträge auf youtube, um den Cortex zu beschäftigen, die übrigen Hirnareale frei zu machen für den Prozess. Der Künstler ist dann im Flow, in einem Zustand des vollkommenen Bei-sich-Seins. Verglichen mit vielen Beispielen zeitgeistiger Koketterie der Konzeptkunst sind wir hier auf den Höhen dadaistischer Abstraktion. Heinzen's Bildbegriff geht über die herkömmlichen Bestimmungen hinaus. Er umfasst nicht nur die realen Bilder, sondern auch die innern Bilder wie Traum, Erinnerung und Fantasie. Heinzen weiss, dass die Philosophie “zur Kunst nichts wirklich Erhellendes zu sagen” hat (Rüdiger Bubner nach Juliane Rebentisch, in <Theorien der Gegenwartskunst>, Junius 2015). Mit der <Wahrheitsästhetik> in der Malerei hat er nichts zu tun. Bisher gibt es keine wissenschaftliche Methodik, die einem solchen Bildbegriff gerecht würde. “Denn weder die Wahrheitsproblematik noch die ihr daraus erwachsende Erkenntnisfunktion eignen ursprünglich der Kunst selbst” (Rebentisch, a.s.O.). Mit dem Zusammenhang von Schrift, Bildern und Denken hat sich als einer der Ersten Walter Benjamin befasst, der als Begründer der Bildwissenschaft gelten kann, der Analyse von Bildern in ihrem Einfluss auf Denk- und Verhaltensweisen. Für die Arbeit von Heinzen spielen Entgrenzung und die tausendfältige mentale Aktivität des Interpreten eine bestimmende Rolle. Diese ist ein substantieller Beitrag zu solchen Fragen, mit welchen er auch dazu verhilft, die gewisse Resignation, die – allerdings entgegen der praktischen Erfahrung – den Untergang der Malerei prophezeiht, durch andere Sicht- und Arbeitsweisen überwinden zu helfen. Grosse Kunst, die verdient, ernst genommen zu werden, die man nicht abbilden, sondern nur im Original würdigen kann. Kommen Sie ! Beat Selz, Februar/September 2016 |
Marco Nicolas Heinzen
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