Texte
Michaela Cerullo - Ausstellung 2. - 23. Juni 2013
Die Bilder gleiten vorüber wie ein Schiff auf ruhigem Wasser. Überlastet und von Einfalt träumend, begegnen wir einer Einfachheit des Geschehens, als ob sonst nichts auf der Welt wäre. Keine abseitigen oder abstrakten Gedanken, keine Vampirisation des Lebens (Marx), kein Monsterpainting. Jedes Werk erscheint wie ein Element in der Abfolge einer erzählerischen Ordnung. Die perspektivische Verkürzung in einem Nacheinander von Bildern ist ein bewährtes Mittel epischer Darstellung. Mit der Reduktion der Mannigfaltigkeit der Ereignisse des Lebens können sich die Menschen im Chaos geborgen fühlen. Dieser literarische Kunstgriff ist ein erstes Element der eminenten Wirkung der Werke von Michaela Cerullo. Dazu gibt es noch zwei weitere Raffinessen, diese auf seiten der technischen Ausführung. Als Untergründe werden Baumwolle oder Leinwände eingesetzt, auf welche beste, farbintensivste Pigmente in Öl halbdeckend oder halbtransparent, vielschichtig aufgetragen werden. Cerullo hat diese lasierende Malweise mit exklusiven Farbkompositionen zur Meisterschaft entwickelt, was allein schon den Arbeiten eine machtvolle Resonsanz verschafft. Dazu kommt ein Weiteres: Nachdem die Fotographie der bildenden Kunst die dokumentarische Wiedergabeverpflichtung längstens abgenommen hat, praktiziert Cerullo eine figürliche Darstellung ohne perspektivische Abbildung. Vielmehr benutzt sie eine Art von Bedeutungsperspektive wie in antiken oder mittelalterlichen Malereien, wo sich Grösse und Ausrichtung der dargestellten Personen oder Sachen nach deren Bedeutung, nach deren Wichtigkeit, richten. Dies verstärkt die erzählerische Suggestivität des Dargestellten. Mit solchen <rhetorischen> Kunstgriffen der Darstellung gelingen der Künstlerin Bilder von zauberhafter Kraft und Poesie. Die Methodik der dramatischen und malerischen Vereinfachung schafft – paradoxerweise – in der Betrachtung den Eindruck von Vielfalt und Reichtum der Wahrnehmungen über das Leben und die Seele wahrhaftiger Menschen und richtiger Blumen. Beat Selz |
Michaela Cerullo
Ausstellung:
Juni 2013 |