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Christiane Dubois - SPHÈRE - Ausstellung vom 17.Oktober bis 14.November 2004
Christiane Dubois spricht die Sprache einer Architektur wachsender, beweglicher Formen. Zwar mögen wir die Welt als Scheibe sehen; diese ist dennoch rund, und bewegt sich. Zwar mag Bauen in der Moderne «konstruktivistisch» und «konkret» als Extrapolation gerader Linien gesehen worden sein. Die wachsende Natur demgegenüber ist von gebogenen Formen bestimmt. Christiane Dubois ist eine intuitive Künstlerin, die kaum über ihr Schaffen spricht («Das Mentale ist die dritte Dimension meiner Werke»). Sie hat Lust, in biomorphen Formen zu bauen. Diese sind rund. Sie durchwühlt in ihrem Werk die anthropomorphe Spähre vom Intimsten zum Umfassendsten und vom Geschlossensten bis zum blossgelegten Raum. Sie befasst sich mit Kreisen, die Torsen sind, geheimnisvoll durch ihr Aussen und ihr Innen. Selbsttätig entstehen daraus Metaphern von Zeit und Raum, von Vereinnahme und Entleibung. Und in der Zeit und durch die Zeit entsteht Bewegung, als psychomotorisch bestimmter Tanz. Ohne Sorge um die Kunstgeschichte macht die Künstlerin daraus ihre Version von Transaktion. «Denn was auch immer als Inneres sich behauptet, es wird doch»...«als das Innere eines Aussen blossgestellt» (Peter Sloterdijk, «Sphären I», 1998). Bauen und Durchdringen als Ausdruck einer panerotischen Sicht allen Lebens, welches sich darin selbst darstellt. Nicht dass Dubois diese Formen und Bewegungen denken würde, sie erfühlt und überträgt sie mit ungefilterter Kraft in allen Varianten bildgebender künstlerischer Medien, wobei sie den Grossteil ihrer Arbeiten auf Papier ausführt. «Nie werden die Liberalen wissen, was ein König ist» (Honoré Balzac, «La Comédie humaine»). In königlicher Zusammenschau umfängt Dubois menschliches Sein und reduziert dessen Komplexität auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner, in der Ahnung, «dass Menschen Wesen sind, die an Räumen teilhaben, von denen die Physik nichts weiss» (Sloterdijk, ebenda). Das sind keine artikulierten Welten, wo Zier und Verwöhnung herrschen, vielmehr radikal reduzierte Formen des Lebens, Torsen, Rümpfe, eben. Auf diese ist all unser Wünschen, Können, Haben, Tun und Geniessen zurückbezogen. Sie sind der Kern selbstorganisierender Existenz. In diesen Formen erarbeitet sich Dubois ihr rudimentäres Bildvokabular, mit dem sie die menschliche Wirklichkeit durchforscht und neu erschafft. Sie erzeugt damit ein persönliches Amalgam von Wahrheit und Wirklichkeit, oft in Form der Monotypie, als Abklatsch ihrer Innensicht. «Ich glaube, hier ist das Mysterium des Wirklichen übermittelt worden durch ein Bild, das aus nichtrationalen Zeichen besteht (Francis Bacon, zitiert nach Alexandra Hennig, in «Francis Bacon und die Bildtradition», Beyeler, 2004). Die Körperhaftigkeit dieser Kunst drängt in die dritte Dimension. Als unausweichliche Konsequenz der jahrelangen Forschungstätigkeit über die Wiedergabe von Leibung und Entleibung sind daraus neuestens eine Serie mächtiger Kleinskulpturen entstanden. In der Ausstellung werden sie einer zeitgleich erschaffenen Reihe von Zeichnungen geometrischer Superpositionen gegenübergestellt, die bis zu erotischen Durchdringungen reichen. Diese Formen enthalten die «Göttlichkeit des Bösen» ebenso wie den «Gott des Guten» (Bataille). Zerrissenheit und Sehnsucht, Errungenschaft und Verlust menschlichen Seins ist in diesen Zeichnungen und Figuren ausgedrückt. In heiterer Demut werden Sein und Begehren als Tragik und Integral der menschlichen Komödie dargestellt. Beat Selz |
Christiane Dubois
Ausstellung:
Oktober - November 2004 |