Ein Kunstwerk ist eine Interpretation der Welt und der condition humaine. «Ein Künstler, der sein Werk nicht in einer solchen Sichtweise präsentiert, ist entweder ein Pornograph oder ein sentimentaler Realist» (Felix de Mendelssohn in Drawing a Hypothesis, Springer 2011).
Das Unbekannte denken, aber auch das Denken vor dem Denken, den Nachthimmel malen, die Zeit gerinnen lassen. Vor dem Schreiben sind die Wege des Denkens Wege von Zeichnen und Malen, in einer Verbindung von linker und rechter Hemisphäre des Gehirns, wie der Künstler sagt. Guggisberg musste Zimmermann lernen, durfte letztlich aber doch die damalige Kunstgewerbeschule Bern besuchen. Dort hatte er Professoren, die er noch heute als gute Lehrer bezeichnet, aber ebenso fordernde, manchmal giftige; vor allem unterrichteten sie ihn auch in Kunstgeschichte. Heute wäre es die Hochschule der Künste ! Selber ist er der Lehrer eines jungen jurassischen Künstlers, Niklaus Manuel Güdel, dem er geholfen hat, dessen Begabung für plastische Transmission in visuelle Kunst zu entwickeln. Guggisberg sagt, Kunst sei verschaffen, sichtbar machen, schaffen, vor allem an sich selber, aber es sei vielleicht nicht alles Kunst. Er selber hat in grenzenloser Bescheidenheit kaum öffentlich ausgestellt, obschon er ein virtuoser Zeichner und ein grossartiger Kunstmaler ist. Deshalb war es an der Zeit, dies nachzuholen. Guggisberg sieht seine Arbeit als GEGENÜBER « in und mit der Zeit », als « erlebtes Vergehen von Gegenwart zu Vergangenheit, wie von erwarteter Zukunft zu Gegenwart », ... ein « Gegenüber » ... « in Form von Bildern, Erzähltem, Dokumentiertem oder von in Zeichen und Ziffern Gemessenem ». « In meiner Arbeit versuche ich die Kenntnis, die Wahrnehmung der Zeit durch Gefühltes, Vergleichbares, Abgeleitetes auf neue oder zusammenhängende Sichtbarkeiten ... hinzuleiten. Durch Formen und Linien die Bewegung, den Rythmus sichtbar werden zu lassen, ... auch Gegenbewegung oder Grenzen, ... , um Bewegung zu harmonisieren, Schnelligkeit zu beruhigen, Kräfte zu sammeln, ... , auf dass der Betrachter meiner Bilder bereit und Willens ist, sich von expressiver Sichtbarkeit leiten oder begleiten zu lassen ». (Zitate aus « Fritz Guggisberg, GEGENÜBER in und mit der Zeit », 2012, sowie aus einem Gespräch mit dem Autor am 8.Mai 2014). Beat Selz |
Fritz Guggisberg
|