Texte
Das substantielle Gewebe des Werks von Valentin
Hauri sind die tiefliegenden Bezüge und Verbindungen. Auch in der
vorliegenden Ausstellung wird das Konzeptuelle des Werks betont. Man
bekommt nicht in erster Linie ein paar neue Sachen des Künstlers zu
Gesicht, sondern eine exakt gesetzte Werkgruppe mit dem Thema und Titel
«Seuls». Damit soll gesagt sein, dass es sich bei den Werken um
«Einsame» handelt, um «Einzelstücke», «Unikate», «outstanding works»
als charakteristische Zeugen der konzeptuellen Grundhaltung. Mit dem
Setting in der maximal reduzierten Architektur der Galerie wird
überdies versucht, die eigene Haltung, den eigenen Blick auf die
Arbeit, wiederzugeben, von Askese bis Barock, von Trash bis Exclusive.
Im Vordergrund steht allerdings das Schlichte, Unspektakuläre, das die
Einzelarbeit respektiert.
In ihrer poetischen Dichte wirken Hauris Formen und Farben einfach und frei wie natürliche Triebe. «Opera a se, bella e pulita, emozionata e emozionante» schrieb der Künstler vor 20 Jahren als Motto über den Katalog, mit dem er Rechenschaft über seinen Aufenthalt in Rom ablegte. Heute malt Hauri «alla prima», ein spontanes Spiel ohne Kalkül, wo der erste Farbauftrag der bleibende ist, auf sorgfältig zubereiteten Gründen. Es ist malerisches Zusammenschauen von Denken und Fühlen, eine Phänomenologie von Selbstreflexion und Unbewusstem. Stille und wahrhaftige Bilder einer Analyse von Dasein, Raum, Zeit, geworden in der Welt, in der Natur. Das Verborgene erscheint. Valentin Hauri – Seuls - Ausstellung 6.September – 4.Oktober 2009 – Medieninformation Shut your eyes and see» (James Joyce) Bereits vor mehr als zehn Jahren hat Valentin Hauri die Rahmenbedingungen seiner Malerei abgesteckt und sich ein seitdem gültiges Produktionssetting geschaffen: einerseits die Beschränkung auf fünf Formate mit jeweils gleich bleibenden Seitenverhältnissen (Verhältnis 10:9), andererseits die Wahl der Maltechnik, und zwar die alla prima-Malerei. Anhand der jüngst entstandenen Werke lässt sich im Vergleich zu Arbeiten aus früheren Jahren eine Intensivierung beobachten, die Farben werden pastoser aufgetragen, die Malschicht scheint mehr «Gewicht» zu besitzen. Auch die «Rahmenstrukturen», die in vielen Gemälden die Kanten flankieren und das Bild im Bild gleichsam doppelt fixieren und begrenzen, erfahren eine stärkere Präsenz und entwickeln sich zu teils markanten, allseitigen Einfassungen. Den auf den ersten Blick leicht und fast schwebend wirkenden Gemälden liegt ein konzeptuell ausgerichteter Arbeitprozess zu Grunde, in dem das Malen, das Setzen der Farbe auf den Träger nur einen Schritt unter vielen darstellt. Der eigentliche Ausgangspunkt der Bilder liegt in konkreten Bildideen begründet, für die Valentin Hauri häufig Inspiration in den Werken anderer KünstlerInnen findet – meist Protagonisten des autodidaktischen, eher unakademischen Lagers. Deren «Vorbildfunktion» liegt in den jeweiligen Lebensentwürfen, der Verquickung von künstlerischer Position und persönlicher Haltung begründet, wodurch die Bilder von Valentin Hauri den Charakter einer Hommage erhalten. Den konkreten Malanlass wiederum bilden Details eines Werks, fast unbeachtete Stellen im Hintergrund oder beiläufig gestreifte Ausschnitte. So stellt der leere, weisse Bildträger gleichsam eine ges(ch)ichtslose Fläche dar, der der Künstler mit einem Bild im Kopf, einer klaren Vorstellung, die vor dem eigentlichen Malprozess bereits vorhanden ist, begegnet. So zeigen die Arbeiten von Valentin Hauri immer einen bestimmten «künstlerischen» Augenblick, der im Entstehungsprozess des «Bildes» als solcher zumindest schon gedacht ist und dessen Erscheinung, dessen malerische Präsenz sich immer einer gewissen Kontrolle durch den Künstler entzieht. Den maltechnischen point de départ markiert die Präparation des Bildgrundes, das mehrfache Grundieren und Abschleifen. Auf diesen wenig saugenden Malgrund setzt Valentin Hauri die Farben alla prima, direkt nebeneinander, ohne Schichtungen, in einem raschen, durchgehenden Arbeitsgang. Klar abgegrenzte Formen treffen auf subtil angelegte Farbflächen, sie begrenzen einander, stossen einander ab. An manchen Stellen liegt der Bildgrund frei. Kontrastierende Elemente, vereinzelte Markierungen, zu einer komplexen Bildkomposition gefügt. Bei näherer Betrachtung lassen sich technischer Prozess und konzeptuelle Herangehensweise unmittelbar aus den Bildern ablesen. Die Federzeichnungen, an denen Valentin Hauri in regelmässigen Abständen arbeitet, führen den konzeptuellen Ansatz, der den Gemälden zu Grunde liegt, weiter. Auch hier entwirft der Künstler mit der «Reduktion» auf ein normiertes Bildfeld – leicht getönte Papiere im Format A4 – sowie auf eine Zeichentechnik – schwarze Tusche in Feder – ein klar definiertes, reglementierendes Setting. Doch dienen in diesem Fall die eigenen Gemälde als Referenz, als Anstoss, als «Motivquelle». Der streng lineare Duktus der Zeichnungen, das klare Hell-Dunkel von Auftrag und Untergrund lenkt die Aufmerksamkeit auf die formalen Elemente der Bildkomposition. Freie, ausschwingende Striche und dezidiert gezogene Linien, die als Ein- respektive Ausgrenzung von Flächen fungieren, werden von punktuellen Ballungen oder losen Strichlagen begleitet. Entfernt erinnern diese Zeichnungen von Valentin Hauri an Notate, an im Moment fixierte Gedanken, und lassen letztlich hinter dem Medienwechsel ein gedankliches Experiment vermuten: eine weitere Überprüfung der Arbeitsweise, des grundlegenden Konzepts. Irene Müller im Katalog «Because Her Beauty is Raw and Wild», Nives, Zürich, 2008 . |
Valentin Hauri
Ausstellung:
September - Oktober 2009 |