TexteSchang Hutter : Der Verletzlichkeit Raum geben . Ausstellung 27.Februar bis 27.März 2005
Der Verletzlichkeit Raum geben – kein Grund zur Beruhigung. Hutter ist ein Grenzgänger zwischen Liebe, Wut und Trauer. Er sagt, er sei in der Schweiz (1934) geboren worden, aber in München(1954, als er dort in die Akademie der bildenden Künste eintrat) auf die Welt gekommen. «Abgeknallt, wir haben sie reihenweise abgeknallt, die Polen, die Franzosen, die Russen. Es war kalt, das Hirn eines Kameraden ist mir ins Gesicht gespritzt, warm» («Shoah», Schang Hutter, April 1998). ... «Ich wurde informiert: Ueber die Judenvernichtung. Sie wurden erschossen vor selbstgegrabenen Gruben. Vergast, ihre Leichen, nachdem die Goldzähne herausgerissen waren, verbrannt. Politisch anders denkende wurden ermordet. Geisteskranke wurden mit den Auspuffgasen der Busse, in denen sie glaubten in die Ferien zu fahren, umgebracht. Ich konnte das nicht glauben. Diese Ungeheuerlichkeiten waren zu gross. Mein Bewusstsein weigerte sich dieses aufzunehmen. Der Entsetzensschrei blieb im Hals. Ich konnte mich nicht äussern, nicht mit Reden, nicht mit meinem erlernten Handwerk (Steinbildhauer, Anmerkung des Schreibenden). Ich arbeitete einfach, Naturstudium, Naturstudium, Naturstudium und noch einmal Naturstudium. Was sagte das aus ? Nichts, rein nichts, über das, was mich beschäftigte». ... «Das in München Erfahrene, wie Menschen mit Menschen umgehen, wurde mein Thema als Bildhauer. Ich versuche, mit vielen meiner Figuren darzustellen, was Menschen empfinden, wenn sie verachtet, gequält oder ermordet werden, von Menschen» (ebenda). Das sagt ein robuster Zweimetermann mit dem Torso eines orthopädischen Chirurgen, der sich über ein ganzes Leben hinweg ein ebenso umfängliches seelisches Hyperimmunsystem gegen Leid und Leiden ausgebildet hat. Und dann noch das: «Ich muss viel arbeiten, damit ich keine Zeit habe, mich zu schämen über meine Gutgläubigkeit» (Schang Hutter / Jost Krippendorf : «Veitstänze», Zytglogge, 1993). Hutter verweigert sich dem «metaphysischen Vereinfachungs- und Vereinigungsdelirium» (Peter Sloterdijk, «Sphären III», Suhrkamp 2004) und ersetzt dieses durch eine heitere Innensicht der schweren Tragik der menschlichen Komödie. Ein anderer hat ein solches Programm kurzgefasst: «On ne me pissera pas éternellement sur la gueule» (Man wird mir nicht ewig auf die Schnorre pissen) (Antonin Artaud, «Histoire vécue d’Artaud-Momo», Oeuvres complètes, Gallimard, 1947 / 2003). Hutter hat früh erfahren, dass die Menschheit erst gerade in der Anlaufzeit ist, im Einfahren. Würde man die Menschen humanisieren, die Barbarei zurückdrängen können ? Und wie ? In Ateliers quer durch Europa hat sich Hutter - wie Stendhal mit seinen Reisen – an der Wirklichkeit abgearbeitet, bis er eine skulpturale «Kartographie möglicher Wege zu einer weniger inhumanen Welt» gefunden hatte ( zitiert aus Roger Pol Droit, in «Le Monde» 5.11.2004 über «Edgar Morin, Éthique», tome 6, Seuil 2004). Auch der Künstler selber muss sich fragen, warum er das macht: Bildhauern. Und kann in einem Gottfried Keller, seinem ersten Lehrer, gewidmeten Text keine Erklärung nennen (Schang Hutter, «Figur und Zeichnung», Katalog Galerie Rähnitzgasse der Landeshauptstadt Dresden, 1995). «Ich habe gearbeitet und werde weiter arbeiten». «Nicht von dieser Welt möchte meine Figur sein: staunen über ihr dochdasein» (Schang Hutter, «Fokus», Katalog, Kunsthalle Arbon, 2003). Als «Seelendieb» (Marc Zitzmann, Neue Zürcher Zeitung 28.10.2004) hat er sich nicht betätigt, auch nicht mit den Köpfen, mit denen das Werk begann und mit denen er dieses – nach jahrzehntelangem Unterbruch – heute weiterführt. In den vielen Artikeln der Laienpresse, welche im Herbst 2004 anlässlich seines Auftauchens mit der ersten Ausstellung nach 5 Jahren bei Baviera in Zürich erschienen (eröffnet von Bundeskanzler Schröder), hätte man ihn am treffendsten als Bildhauer des Herzens (nach Stendhal) bezeichnen können. Die Philosophie hat die Bipolarität der menschlichen Bestimmung zwischen Arbeit und Lust, zwischen Todesgewissheit und Unendlichkeitssehnsucht beschrieben (Bataille). Die Psychoanalyse dagegen vermochte – zumindest in ihrer mittlerweile hundertjährigen Hauptströmung – lediglich ansatzweise den starren Aufbau ihres Menschenbildes zu überwinden, um der Verletzlichkeit Raum zu geben. Ohne es zu wollen («intuitiv» !) und erst noch ohne zu wissen, warum, hat Hutter eine solche Synthese in seinem Werk hervorgebracht. Er hat nie auf das Gefühl gezielt, vielmehr auf eine selbstgetriebene Ethik von Verstehen und Verständnis, weder Nihilismus noch Dogma. Die – immer – libidinöse Energie kreativen Schaffens ist in ein Werk umgesetzt worden, das unter Fortbau der Kunstgeschichte (Giacometti) ein für jederman lesbares Amalgam von Philosophie und Tiefenpsychologie darstellt, ein plastisches metaphorisches Bilderbuch menschlicher Befindlichkeit. Seine Figuren «sprengen ohne Dynamit das regressiv Festgefügte» (Silvio Baviera, «Schang Hutter, Graugussreliefs», Katalog Museum Baviera, 1995). Es gibt welche, die Hutter vorhalten, das Politische für sein Fortkommen instrumentiert zu haben (er ist bekennender Sozialist). Diese übersehen, dass Stringenz und Spannkraft eines solchen Werk sich jeder promotionellen Plumpheit ebenso entziehen wie der im 20. – seinem – Jahrhundert normativen Kraft von Molekularisierung und Neoliberalisierung. Die Versuchung einer spielerischen Robotisierung («Playground Robotics», Merian, 2004) oder einer Verwissenschaftlichung in «Subroutines» stand ausser Frage. In «edler Einfalt und stiller Würde» (Christoph Gampp über die Holzskulpturen der Basilicata in Matera, Neue Zürcher Zeitung, 13.September 2004) hat Hutter ein zeitgemässes figurales Werk geschaffen in einer Epoche, als «jeder, der nicht ein mindestens einigermassen abstraktes oder surrealistisches Werk hervorbrachte, als mental Debiler» betrachtet wurde («Jacques Monory, scénographe du crime figuratif», Geneviève Breerette, Le Monde 28.8.2004). Francis Crick, der kürzlich verstorbene Nobelpreisträger (Uebertragung der genetischen Information durch Nukleinsäuren) des Jahres 1962 – der die letzten 20 Jahre seines Lebens mit Bewusstseinsforschung verbrachte (Christof Koch, «Francis Crick, ein Leben für die Wissenschaft», Neue Zürcher Zeitung 13.10.2004) – hat sich möglicherweise doch nicht geirrt. Man könnte die philosophischen Fakultäten vielleicht abschaffen. Leben entfaltet sich «multifokal, multiperspektivisch und heterarchisch» (Sloterdijk, ebenda). Nach diesem Muster hat einer unserer Mitmenschen unter schrankenlosem Einsatz aller Kräfte, jedoch ohne im geringsten sich darauf etwas einzubilden, ausserhalb aller Strukturen und Funktionariate ein wirkmächtiges künstlerisches Zeugnis menschlicher Wahrhaftigkeit und Wahrheit hervorgebracht, eine Kunst als Sprache von Sinn und Wahnsinn. Beat Selz Le Quotidien Jurassien, 19.03.2005 Entre anguleux et figures éthérées: les deux versant de l'oeuvre Jean-Pierre Girod En entrant dans la galerie Selz – art contemporain, à Perrefitte, le visiteur se sent épié par quatre visages trônant près de l’entrée. Ces têtes réalistes en bois et en gypse, signée Schang Hutter, tranchent avec les œuvres les plus connues de l’artiste soleurois, l’un des sculpteurs suisses contemporains les plus importants. Des œuvres sereines aux lignes harmonieuses, au modelé délicat, en total contraste avec l’estétique élancée, anguleuse, d’un humour glacial et inquiétant qui marque habituellement les figures de Hutter. La galerie Selz met en présence les deux versants de l’œuvre, comme des dessins préparatoires et deux belles suites de lithographies, tirées à Séprais dans l’atelier de Nick Hausmann. A voir sans faute jusqu’au 27 mars . Né en 1934 à Soleure, Schang Hutter aquiert les bases techniques en accomplissant un apprentissage de sculpteur sur pierre auprès de son père. En 1954, il entre à l’académie des beaux-arts de Munich, chez Joseph Henselmann, où il poursuivra ses étdues jusqu’en 1961, s’ouvrant à la fois à la vie artistique et politique. Il revient à Soleure, séjourne à Varsovie(1969 – 1970), puis s’installe en Allemagne à partir de 1982, travaillant à Hambourg jusqu’en 1985, puis à Berlin, jusqu’en 1991, en ouvrant parallèlement un atelier à Derendingen à partir de 1988. En 2000, il met le cap sur Gênes, où il vit et travaille aujourd’hui. L’artiste a obtenu trois bourses fédérales entre 1958 et 1970, la Bourse de l’Etat polonais en 1969, le Prix d’encouragement du canton de Soleure la même année, en 1975 le Prix de la Biennale de Florence, puis le Prix artistique de canton de Soleure, en 1986, et enfin le Prix de la Fondatioin pour les arts graphiques en Suisses, en 1990. En 1988 et 1989, il a travaille à l’Académie des beaux-arts de Munich en tant que professeur invité. Arts et politique Schang Hutter dit être né en Suisse en 1934 mais être venu au monde à Munich en 1954, lors de son entrée à l’Académie des beaux-arts. C’est là qu’il prend conscience de la barbarie nazie, de l’extermination des Juifs, là qu’il se sent appelé par la politique, en tant qu’homme et en tant qu’artiste. «Ce que j’avais appris à Munich en 1954, la manière dont les hommes traitent les hommes, devint le thème de mon activité de sculpteur. J’essaie, avec la plupart de mes sculptures, de représenter ce que les hommes ressentent lorsqu’ils sont méprisés, torturés ou assassinés par d’autres hommes», écrit-il à propos de son œuvre Shoah, en 1998. Ce combat, il le Mène aussi dans l’arène politique, par son entrée au Parti socialiste suisse en 1971, qui l’amènera en 1991 à briguer sans succès une place de conseiller d ?Etat du canton de Soleure. Certains lui reprocheront ce mélange de genres, l’accusent de servir la politique pour parvenire au succès artistique. Mais l’homme est entier, l’action politique et la création ne font qu’un, il le prouvera d’ailleurs par différents interventions spectaculaires sur la scène artistique, certes provocatrices, mais combien ressenties et sincères. C’est le cas de l’installatioin, devant le portail principa du Palais fédéral, le 28 février 1998, de Shoa, sculpture monumentales que le Part de la Liberté eut le von goût d’évacuer de nuit, s’attirant les foudres de l’ensemble de la presse…Difficile de faire mieux dans la contreproduction : du coup, la grande sculpture cubique fut exposée dfans différentes villes, avant d’être installée à Zurich, devenant un de symboles de l’œuvre engagé de Hutter. La solitude et l’impuissance Les quatre visages qui accueillent le visiteur à Perrefitte représentent de manière à la fois réaliste et éthérée des voisines de rue de l’artiste, à Gênes. Humbles et nobles, ces figures délicates ne se départent pas d’indicible inquiétude qui marque l’ensemble du travail de Hutter, mais leur apparente sérénité échappe totalement à l’esprit «archaïsant, grotesque, comique» que voyait Marcel Joray dans les personnages du Soleurois (La sculpture en Suisse IV, éditions du Griffon, 1989). La facture réaliste de ces portraits créés entre 2001 et 2004 n’est pourtant pas nouvelle dans l’œuvre de Schang Hutter, qui travailla sur le visage humain au cours de ses études munichoises, avant de créer d’énormes et inquétantes installations de métal, puis les personnages filiformes, dégingandées et stéréotypés qui peuplent son œuvre. Cette obstination à réduire l’homme à un personnage décharné, silhouette spectrale oscillant entre la cariatide, avec une coiffe en forme de support, et Pinocchio, au nez démesuré, traduit à la fois rage, désespoir et fragilité. A ce propos, le titre de l’exposition de Perrefitte, «Donner droit à la vulnérabilité», est plus éloquent qu’un long discours. Au-dela de leurs attitudes extravagantes, les personnages stéréotypés de Hutter, taillés dans le bois ou coulés en fonte, paraissent accablés de solitude et d’impuissance, chacun de leurs gestes traduit und attitude de défense, de repli, gestes vains, dérisoires, d’une théâtralité misérabiliste et pitoyable. Très bien accrochée, l’exposition de Perrefitte présente un double intérêt. Elle permet aux amateures de la région de découvrir un ensemble d’œuvres d’un créateur suisse de premier ordre, tout en mettant en présence des pièces de style et de technique très différents, avec le réalisme des bustes et l’aspect filiforme, symbolique, presque conceptuel des personnages, repris dans la suite des lithographies et des dessins. Journal du Jura 12. 03.2005 Pour sa première exposition de l’année, la galerie d’art contemporain SELZ a créé l’évènement en exposant l’artiste soleurois Schang Hutter, véritable monument de la sculpture contemporaine. Pourtant, malgré cette affiche alléchante, seule une quinzaine de personnes habitant la région , contre environ 150 Alémaniques, étaient présentes lors du vernissage, le 27 février dernier. Quoi qu’il en soit, cette exposition est un événement dans notre région. Pour s’en convaincre, notons que lors d’une précédente exposition du même artiste à Zurich, le chancelier allemand Gerhard Schröder en personne avait fait le déplacement… Artiste engagé Né à Soleure en 1934, d’un père sculpteur, Schang Hutter a toujours été un artiste engagé. Après des études à l’Académie des beaux-arts de Munich, de 1954 à 1961, période durant laquelle l’artiste avoue être véritablement venu au monde, Hutter reviendra en Suisse, pour ensuiite aller se perfectionner à Hambourg et à Berlin. Artiste engagé politiquement, il sera le premier artiste de l’Ouest à exposer en Allemagne de l’Est, dans le «Altes Museum» à Berlin-Est (en 1989). Très lié à cette époque avec le secrétaire d’Etat à la culture de l’ex-Allemagne de l’Est, il négociera la première exposition officielle d’artistes allemands de l’Est, à l’Ouest. Exposition qui eut lieu à Soleure. Intéressé par l’humanité Du côté artistique, Hutter s’intéresse à l’humanité, à ses travers, à sa crédulité et à sa barbarie. Son approche se traduit à Perrefitte, par des sculptures en fonte, en bois ou en plâtre, représentant tantôt des corps simplifiés à l’extrème dont seule l’expression surpuissante ressort, tantôt des têtes plutôt charnelles et très humaines, laissant entrevoir des sentiments plus subtils. Hutter a constamment, au travers de ses sculptures, émis une critique de la barbarie de l’humanité et des actions inhumaines. Il en ressort une force extrême, tant dans ses sculptures que dans ses lithographies, qui ne peut que pertruber la conscience de chacun. Trop de complaisance ? Néanmoins, cet artiste sait transformer la souffrance en une œuvre limpide, harmonieuse et agréable à l’œil. C’est peut-être là un aspect paradoxal de son travail ou tout simplement une manière de nous montrer à tous que nous sommes aussi parfois trop complaisants vis-à-vius de la souffrance et de la barbarie humaine. (jhe) Solothurner Zeitung 7.März 2005 Schang Hutters tänzerisched Freiheit In der Galerie Selz im jurassischen Perrefitte bei Moutier stellt Schang Hutter jüngste Lithografien, Figuren und Köpfe aus und setzt ein paar wenige rückblickende Akzente. Verena Zimmermann In leuchtendem Rot hält Schang Hutter seine jüngsten, 2005 datierten Lithografien und variiert eindrücklich unterschiedliche Möglichkeiten des Mediums der vom Stein gedruckten Zeichnung. Im jurassischen Perrefitte hinter Moutier präsentiert er in der Galerie Selz zwei Serien. Die grossen, hochrechteckigen Blätter varieren eher statisch gehaltene Figurengruppen und spielen mit der Vervielfachung von Konturen und mit nuancenreichen unterschiedlichen Intensitäten flächiger Schraffuren. Eines der Blätter ist dem wie Schang Hutter 1934 geborenen Philosophen Hans Saner gewidmet: «Hans Saner, 70». Die Reverenz ist direkt ins Blatt gezeichnet, ein besonders augenfälliger unmittelbarer Ausdruck der Wertschätzung von Saners denkerischem Engagemewnt. Eine zweite, in kleinerem Querformat gehaltene Reihe fasst die Figuren in kräftigen Zeichnungsstrichen, lässt sie tanzen, als Paar, als Gruppe mit weit ausgreifenden Armen: «frei sein tanz» schreibt Hutter in eines der Blätter. Jede Figur ist für sich und ist doch zusammen mit andern im gleichen Raum, den Hutter mit starkem Strich einrahmt, mit abgerundeten Ecken im Stil allter Fotopassepartouts oder dem Rand einer Radierplatte. Bekanntes, neu gesehen Den oberen, radikal einfach gehaltenen Galerieraum haben die Lithos fast ganz für sich, teilen ihn nur noch mit einer Aquarellzeichnung - «Totentanz», 1999 - , mit dem Kopf «Birgit», 2002-2004 und mit zwei wunderbar schwerelos wirkenden grossen Figuren, die Teil der Ausstellung bei Baviera in Zürich im letzten Sommer waren, die hier aber in dem grossen freien Raum wie noch nie gesehen wirken. Der Parterreraum ist Kabinett mit Beispielen aus der beeindruckenden Reihe der Köpfe, an denen Schang Hutter im Genueser Atelier weiterarbeitet, und mit Zeichnungen und Figuren der Siebziger- und Achzigerjahre, markante Stationen auf einem Weg, der weit geführt hat. Solothurner Tagblatt 1. März 2005 «Der Verletzlichkeit Raum geben» Unter dem Titel «Der Verletzlichkeit Raum geben» zeigt die Galerie Selz in Perrefitte bei Moutier 45 Werke des gebürtigen Solothurner Künstlers Schang Hutter, Genua. Skulpturen, Malerei, Zeichnungen, Lithografien. Schang Hutter arbeitet mit verschiedensten Materialien und Techniken . Sein grosses Thema ist der Mensch. «Der Mensch ist mir sehr wichtig», sagt der 71-jährige Künstler. «Ich brauche keine körpergewichtigen Formen, um meine Aussagen zu machen.» Er mache es so knapp wie möglich. Diese Fragilität, die seine Figruen dadurch erhalten, lassen sie ungemein verletzlich erscheinen. Auffallend auch die weit aufgerissenen Augen, der geöffnete Mund – Schrecken, Beklemmung, Unsicherheit oder gar Angst ? Vielfältige, eindrückliche, greifbar werdende Gefühlsregungen, die unmittelbar in ihren Bann ziehen. Seit dem Jahr 2000, zeitgleich mit dem Umzug nach Genua – zuvor war Hutters Werkstatt in Derendingen – macht er seinen Menschen Hände. «Ich fand plötzlich, zum Ausdruck gehören Hände und Füsse», sagt Hutter. Neurdings mit Ohren Auch die Ohren habe es früher bei seinen Figuren nicht gegeben. Die meisten Werke sind ohne Titel. Zuweilen wird der Betrachter durch Sätze wie: «Ich weiss es nicht», die mehrfach aneinandergefügt auf einen Leib geschrieben sind, geleitet. Im ersten Stock der Galerie sind neueste Werke, zum Teil in diesem Jahr entstanden, zu sehen. Darunter Lithografien, die Hutter im Atelier von Nik Hausmann gemacht hat. «Um es so hinzukriegne, wie man will, muss man ein sehr guter Zeichner sein», sagt der Galerist Beat Selz. Die Figuren auf den neuen Lithos sind in Rot. «Ich habe früher nur schwarze Figuren gemacht», bemerkt Hutter. Bis er einmal eine Figur rot gemacht habe, was ihm ausserordentlich gut gefallen habe. Für die eine Serie legte er die Steine, auf die er zeichnete, aneinander, arbeitete übergreifend und nahm sie erst am Schluss auseinander. So ragt mal ein Bein oder Fuss des vorhergehenden Bildes ins nächste, wodurch die Entwicklung eine starke Dynamik enthält. Eine ganze Studie menschlichen Verhaltens in Kleingruppen scheint hier zum Ausdruck zu kommen, auch wenn auf einem Bild das harmlose Wort «Tanz» zu lesen ist. Während 35 Jahren machte Hutter keine Porträts mehr. In Genua fing er wieder damit an und zeigt an der Ausstellung mehrere bemalte Porträts aus Gips. Ihm bekannte Frauen aus Genua sassen dafür Modell. Jeden der Köpfe setzte er auf elegante, luftige Sockel. Vier dünne Eisenrohre verbinden dabei zwei quadratische Platten. «Ich setzte die Köpfe immer auf 1,71 Meter Höhe, weil mir diese Grösse gefällt», bemerkt Hutter mit Schalk in den Augen. Kreativität in jedem Fach Obwohl Hutter sagt, er politisieren seit einigen Jahren nicht mehr äusserlich, sondern nur noch innerlich – 1991 war er Ständeratskandidat der SP Solothurn – war seine Vernissage-Rede ein engagiertes Plädoyer für eine Veränderung der Bildungspolitik. Er regte die Einbindung der Jugend ins kreative, künstlerische Tun an. «Kreativität müsste zu jedem Fach gehören», forderte Hutter. «Bildungsfachleute, Lehrer, Theatermacher und Maler müssten sich zusammensetzen und neue Lehrpläne entwickeln.» Susi Reinhart |
Schang Hutter
Ausstellung:
Februar - März 2005 |