Texte
Karin Schuh - Winter, Sommer und sechs Wochen dazwischen - Ausstellung 29.4 - 20.5.2012
Fragen nach der Darstellbarkeit, der Reduktion, dem Vagen und Angedeuteten, dem Empfinden zwischen innerer und äusserer Beobachtung sind die zentralen Themen meiner Arbeit. Mich interessieren Reduktion, Schlichtheit, eindringliche Nähe, aber auch Ambivalenz, unlösbare Fragen, die Suche nach dem Warum und Was-Tun. Der Anfang ist das Staunen. Ich meine das Staunen als einen Moment, in welchem eine Trennung vom gewohnten Ich stattfindet und sich ein Gefühl der Ursprünglichkeit, des eigenen „Sich-im-Leben-befinden“ einstellt. <Am ehesten lässt sich dieses ereignis mit den Worten beschreiben, dass ich, wenn ich es habe, über die Existenz der Welt staune. Dann neige ich dazu, Formulierungen der folgenden Art zu verwenden: „wie sonderbar, dass überhaupt etwas existiert“ oder „wie seltsam, dass die Welt existiert“ > (Ludwig Wittgenstein). <Zeichnen heisst das Leben anpacken> (Francis Bacon). Zeichnen meint Handlung. So kann ich mit mir und meiner Umwelt in einen Diskurs treten. Ich suche nach dem widersprüchlichen Moment der Magie, der nur mit Bildern möglich ist. Die Bilder sind Essenz und Gefühl ohne Hintergrund. Sie sind flüchtig, meist auf Papier, meist unfixiert, meist unaufbewahrbar. Es sind keine Ikonen, es sind Begegnungen. Die Bilder haben ein Eigenleben. Ich versuche, dem Material Raum zu geben und suche nach einer physischen Präsenz. Das Arbeiten ist performativ. Die grossen Formate fordern nur ein Im-Bild-Sein, kein kontrollierendes Zurücktreten. Das Arbeiten ist ein Spannungsfeld von Wille, Zufall, Material, Gefühl, Können. Sich auf einen Weg begeben heisst geschehen lassen, was nur durch Zeichnung möglich ist. Karin Schuh, 2010 Ausstellungstext Ideale und Moral sind das beste Mittel, um das grosse Loch zu füllen, das man Seele nennt (Robert Musil). Karin Schuh schafft Bilder ohne Eigenschaften oder noch mehr Eigenschaften ohne Bilder. Bilder von Verschwindungen, beziehungsweise verschwindende Bilder, leise Berührungen einer Wirklichkeit. Es sind Durchsichten nach Innen, wo unerwartet Pastellfarben sanft brennen. Die minimalste noch identifizierbare Projektionsfläche liefern Falter. Falter und Schmetterlinge, in langer Tradition Begriffe für Zeitlichkeit und Fragilität. Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf einen Zitronenfalter, der im Sommer in Starre verfällt, ebenso im Winter; fliegen kann er lediglich wenige Wochen dazwischen. Zuletzt noch diese Fragen: Muss ein Bild mit seinem Körper übereinstimmen ? Wird so gemalt, dass die Begegnung mit dem Bösen zu vermeiden ist ? Wenn schon das gewöhnliche Leben von utopischer Natur sein muss, dann bestimmt auch diese Form von Malerei, die ein Denken in fliessenden Räumen ist. Eindeutig sprechen wir nicht von Frühling im Blumengarten. Vielmehr von seltsamen Bildungen grosser plastischer Anmut, von Heiterkeit, Stille, Zerbrechlichkeit alles Lebenden. Nicht allein Vergehen, ebensosehr Entstehen, Sinken und Schweben, Dialog, Bewegung und Widerstand. Beat Selz |
Karin Schuh
Ausstellung:
April - Mai 2012 |