Saaltext Maler und Geschichtenerzähler ist er. Kunstgeschichtlich hat er eher noch vor den Impressionisten Halt gemacht. Wenn er auch die aesthetischen Turbulenzen bis zur Post-Modernität kennt und sehr wohl umsetzen könnte – aber das interessiert ihn nicht. Er möchte Geschichten zu sehen geben. Er ist <conteur> - einer der eine Geschichte ohne andere Hilfsmittel als sein Wissen, seine Imagination und sein plastisches und improvisatorisches Talent vermitteln kann. Seine Werke sind auch nahezu klassische <Enthymeme> - die Betrachterin oder der Betrachter erfasst auf einen Blick den Gesamtsinn des Werks und fügt dessen Bauteile in der eigenen Vorstellung und Gefühlswelt dazu. Es sind bildnerisch verkürzte Schlüsse einer ausufernden Erzählung, wie sie für die unmittelbar persuasive Argumentation und die starke emotionale Mobilisation der Werbesprachen charakteristisch sind. Vielleicht erklärt diese Ueberlegung die massive Anziehung, die bei der Eröffnung jeder Ausstellung der Werke von Franz Roth das eintreffende Publikum unwiederstehlich ergreift. Franz Roth hat schon als er kaum auf die Beine gekommen war immer gezeichnet und gemalt, in der Familie, am Küchentisch, Fernsehen gab es nicht, der Vater war streng, Feinheit und Gefühlskultur kamen von der Mutter. Das prägt. Er zeichnet, was er sieht, verpackt es in Bildergeschichten, Erzählungen aus dem Leben – dem Leben der Menschen, von der Welt, als Fantasiearbeit. Wunsch und Sehnsucht, aber auch Hoffnung und Verzweiflung, das ganze Spektrum zwischen Paradies und Hölle unter Einschluss des Jungbrunnens können ihm unter Pinsel und Zeichenstift geraten. Das plastische Talent, seine ihm eigene Psychomotorik aber auch eine stupende technische Virtuosität ermöglichen Bilderfolgen wie in einem Film. Er ist auch Cineast. Basis und Gerüst erhielt er in der Kunstgewerbeschule in Biel und im Lithografieatelier von Leo Acosta in Mexiko, wohin er durch eine dort lebende Tante gelangt war. Insgesamt hat er 23 Jahre in Mexiko gelebt, wo er bis heute in Real de Cadorce ein Haus besitzt, einem kleinen (unter 1'000 Einwohner) Ort in der Wüste, reputiert für seine spirituelle Energie; dazu einige Zeit in San Franzisco und zwei Jahre im Norden Indiens. Surrealist ist er nicht, sagt er. Wenn wir auch in der somptuösen Surrealismus-Ausstellung im Herbst 2018 im Aargauer Kunsthaus ein paar möglicherweise Geistesverwandte angetroffen zu haben glauben. Es ist die Demut der Künstlerinnen und Künstler des Surrealismus der 30er Jahre gegenüber dem rückwärtsgewandten, reaktionären Zeitgeist, die zu einer Oeffnung der Kunst gegenüber dem Leben und der Welt führte. Franz Roth steht in einer solchen Tradition. Den im Surrealismus mitschwingenden Anspruch des Transports aus dem Unbewussten sehen wir bei Roth ausdrücklich nicht. Wir sehen auch kein wie immer geartetes Gorgoneion. Was wir sehen ist eine Zeichnung derr Welt, die geschaffen sein muss von einem Menschen von höchster Integrität, Wärme und Pathoslosigkeit, von grosser Freundlichkeit des Herzens, der uns weder belehren noch warnen will, sondern trösten: Consolation. Am Rande ist es vielleicht ein wenig Religion, ganz wenig unbefleckte Empfägnis, den Menschen mit der Berührung durch sein Werk beizustehen, die Verstehen und Erträglichkeit übersteigenden Mühen des Daseins hinzunehmen. <Dem Chemiker, der dem Sarg seiner Frau folgt, kann die Chemie keine Antwort geben...>(Günther Anders, <Mensch ohne Welt>). Dieses Werk ist von grosser Anmut und Grazie, es ist Bewegtheit und spielende Gelöstheit, das unbeschwert von der Wirklichkeit unsere Eingebung alimentiert. Beat Selz, 13.09.2018 |
Franz Roth
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