Texte
Über Malerei
Ich vergleiche mein Handwerk gerne mit dem des Bäckers. Ein Brot und ein Bild. Der Teig des Bildes entsteht im Auftrag der Farbe, dem Teilen der Fläche, der Wahl des Materials. Irgendwie muss es durch Arbeit gelingen, etwas Kostbares herzustellen, sonst ist das Ganze vergebliche Mühe. Die Verwandlung von der Beliebigkeit in das Wertvolle ist notwendig. Oft ist schwer zu unterscheiden, ob diese Verwandlung nur im Kopf stattfindet, begründet in einer euphorischen Stimmung, oder ist sie materiell mit dem Bild geschehen und wriklich. Das Aufscheinen von Kostbarkeit kann aber auch von mir in einer Phase der Verzweiflung während der Arbeit übersehen, wieder zerstört werden in der Unruhe der Umformung. Was hält sich und was hält sich nicht. Die Malerei ist ein schmutziges Handwerk. Es fällt Erde an. Und es sollte auch ein Hauch davon bleiben beim fertigen Bild. Nicht zu sauber werden lassen, nicht alle Erde abwaschen. Manchmal denke ich auch, dass die Malerei verbraucht und erschöpft sei heute, und verfolgt durch Vorwürfe und Krtikik. Alles schon gesagt, alles getan, das Beste vorbei. Die Versuchung liegt nahe, zu glauben, das heute andere Bildmedien besser geeignet sind, um die Existenz zu überdenken. Vielleicht sind sie unverbrauchter und unbelasteter durch lange Traditionen. Aber es gibt auch Zeiten, in denen ich arbeite und überzeugt bin, dass auch noch in der Malerei unverbrauchte Bilder zu finden sind, die glaubwürdig Zeugnis ablegen über unser Leben, einfache Aussagen ohne den Scheingeist des Zynismus. Dokumentarische Kommentare, Einmischungen, Überlegungen, die Materie geworden sind durch Papier oder Stoff und etwas Farbe, die in einer gewissen Ordnung über eine Fläche verteilt ist. Diese Fläche kann gross sein oder auch nur Taschenformat haben. Aber die Malerei ist immer noch. Brot gibt es auch immer noch. Aber «der Mensch lebt nicht vom Brot allein...» . Willi Müller, 2007. Im Bild eines Tellers soll man die Welt erkennen. Fast könnte er diejenigen beneiden, die sich mit Paraden und Prunk analytisch in die Abgründe des Seins wagen. Aber Willi Müller befasst sich mit den kleinen, abseitigen Dingen, am Wegrand, ohne Wert, mit «Nichts». Wie Proust einen Roman schreiben wollte über «Nichts». Gerhard Meier hat so etwas in der «Toteninsel» gemacht. Auch Müller findet in der stillen Würde der unscheinbaren Vorgänge und Gegenstände des Alltags das Wesen der Welt als «Poesie, Bewegung, Stille, Liebe und Licht»(Gerhard Meier). Er vergleicht sein Handwerk mit demjenigen des Bäckers. «Der Teig des Bildes ensteht im Auftrag der Farbe, dem Teilen der Fläche, der Wahl des Materials». In tagelanger Hingabe schafft er eine Handbreit malerischer Prosa, aus Umwegen und Scheitern. «Irgendwie muss es durch die Arbeit gelingen, etwas Kostbares herzustellen, sonst ist das Ganze vergebliche Mühe». Diese Werke verwahren sich gegen das ungute Gefühl, dass auf dem Gierigen, dem Unersättlichen, dem Mörderischen der Mensch ruht, mit einem Gegenzug der Ordnung, der erarbeiteten Form, der Gestalt, der lichten, zeitlosen gegenwärtigen Diesseitigkeit. Müller sagt, dass «in der Malerei unverbrauchte Bilder zu finden sind, die glaubwürdiges Zeugnis ablegen über unser Leben, einfache Aussagen ohne den Scheingeist des Zynismus». Ein gutes Bild ist besser als jeder lange Vortrag. «Das Reden schlechthin ist eine Anmassung» (Gerhard Meier). Beat Selz |
Willi Müller
Ausstellung:
Juni - Juli 2010 |